Wie war das bei dir?

Ja, wie war das eigentlich bei mir?

Ich möchte dir gerne erzählen, wie es dazu kam, dass ich in meine depressive Episode geschlittert bin. Natürlich ist so etwas im Nachhinein immer leichter zu erklären, als mitten in der PsychoKrise. Und ich kannte mich mit diesem Thema aus frühreren Erfahrungen bereits aus…

 

Die Krise kam bei mir jedenfalls nicht plötzlich, sondern viel mehr schleichend und leise. Es ging eine ganze lange Zeit lang wie auf einer Spirale stetig nach unten, ohne dass ich es wirklich bemerkt habe. Mit der Geburt des ersten Kindes ist die Lebensumstellung einer Frau ohnehin so allumfassend und grundlegend (alles scheint auf den Kopf gestellt), dass es mir nicht ungewöhnlich erscheint, wenn die Stimmungsschwankungen Richtung traurig, antriebslos und niedergedrückt langsam und lange unbemerkt vonstatten gehen. Es gibt ja auch genügend Gründe, mit denen man diese ersten Symptome klein oder auch weg reden kann.

 

Ich war aus meinem engeren Freundeskreis die erste, die ein Kind bekam. Daher war ich überhaupt nicht vorbereitet, was da auf mich zukommt. Ich wollte eigentlich auch nicht unbedingt Kinder, es hat sich mehr „so ergeben“. SchwangerenKurse waren mir in meiner Vorstellung ein Graus (die Vorstellung all dieser glückseligen Schwangeren voller Vorfreude auf ihr Kind...) und eigentlich wollte ich mit der ganzen KinderThematik auch noch während der Schwangerschaft, so lange es irgendwie ging, lieber nichts zu tun haben.

 

Dadurch hatte ich allerdings keinerlei Kontakte zu anderen werdenden Mamas geknüpft und war somit in meinem Umfeld die Einzige, die am bisherigen Leben von heute auf morgen nicht mehr teilhatte. (Ich denke, du weißt was ich meine?) Das führte dazu, dass ich mich recht bald schon wirklich sehr einsam fühlte. Tagsüber, während alle ihren gewohnten Beschäftigungen nachgingen und ich sehr viel alleine war, gefangen im Rhythmus des Babys – nicht meinem. Und nachts, während alle schliefen und ich immer wieder aus dem Schlaf gerissen wurde… Mein Mann war damals beruflich sehr eingespannt und war zumeist von Sonntagabend bis Freitagnacht nicht Zuhause. Wenn er da war, war er entweder noch mit dem Kopf bei der Arbeit oder auch einfach zu ausgelaugt von dem ganzen Stress bei der Arbeit. Gefühlt konnte ich für erwachsene menschliche Gesellschaft nur auf meine Schwieger-/Eltern zurückgreifen. Und das war in verschiedener Hinsicht nicht einfach für mich…

 

Die Situation war total paradox: Einerseits wollte ich die alles immerzu richtig machende, absolut perfekte Mutter für meine Kinder sein. So konnte ich natürlich nichts aus der Hand geben – denn niemand genügte auch nur ansatzweise meinem völlig überhöhten Anspruch. Andererseits habe ich mich so oft von meiner Familie und ganz besonders von meinem*n Kind*ern weggewünscht, weil ich die permanente Nähe und Fremdbestimmtheit kaum ertragen konnte. Chronischer Schlafmangel förderte zusätzlich nicht gerade mein psychisches Wohlbefinden… Für mein Scheitern als SuperMama habe ich mich dann aufs härteste verurteilt, mir immer wieder neue unerreichbare Ziele gesetzt („das passiert mir nicht noch einmal“); das schlechte Gewissen und das Gefühl des Versagens („ich bin eine schlechte Mutter“) wurden meine ständigen Begleiter.

 

Mein (unrealistischer) Eindruck von „allen anderen“ zu dieser Zeit:

  • Bei allen um mich herum schien es entspannt zu sein und rund zu laufen – nur bei mir nicht.
  • Alle schienen dieses „happy Iife“ mit Bilderbuchfamilie wirklich zu leben – nur ich nicht.
  • Alle anderen Mamas genießen die Zeit mit ihren Kindern und finden es wunderschön so Zuhause und überhaupt – nur für mich war alles einfach nur mega anstrengend und eine riesen Belastung.
  • Alle schafften offensichtlich den Alltag mit Kindern, Mann, Job & Haushalt mit Leichtigkeit (und sahen dabei auch noch gepflegt aus!) – ich wollte dagegen am liebsten morgens schon gar nicht erst aufstehen.

Jeder Tag ein Kampf, hin und her schwankend zwischen totaler Lustlosigkeit, rasender Wut und überbordender Traurigkeit; nichts machte mir mehr Spaß und ich war permanent unzufrieden – mit meinem Mann, mit meinen Kindern, mit meinem ganzen Leben. Und niemand schien das zu verstehen...

 

„Was ist los mit dir? Sei doch mal zufrieden!“, „Ihr habt eine eigene Wohnung, dein Mann verdient gut und beide Kinder sind gesund! Was willst du denn noch?!“, „Mutter sein ist doch nicht schwer, die anderen schaffen das ja auch!“ Das waren nur einige der Reaktionen. Also habe ich nach außen hin weiter gemacht und funktioniert – und fühlte mich innerlich total einsam, traurig, unverstanden und allein gelassen.

 

Der Preis fürs weiter machen und funktionieren: Mein ICH verschwand. Alles was ich vor Mama auch war, lebensfroh, unabhängig, unternehmungslustig… Doch (zum Glück!!!) war da etwas in mir, dass diesen Zustand so nicht akzeptieren konnte. Nein, so geht das nicht – SO WILL ICH DAS NICHT HABEN!

 

Also habe ich mich auf die Suche begeben – und damit auf die Reise zu mir selbst. Die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe! Ich habe mich endlich für mich entschieden und gehe seitdem konsequent diesen Weg, Schritt für Schritt und Tag für Tag. Ich habe mir dazu Hilfe bei Therapeuten und Coaches gesucht, war in einer psychosomatischen Reha und habe Psychopharmaka genommen. Es hat mich sehr viel Zeit, sehr viel Kraft, Energie und ja, auch eine Menge Geld gekostet. Aber diese Investition hat sich mehr als bezahlt gemacht. Je weiter ich gehe, umso reicher wird mein Leben. Ich spüre Dankbarkeit und Freude, ich entdecke Fülle und Reichhaltigkeit.

 

Heute genieße ich die Zeit mit meinen Kindern (ok, nicht immer, aber meistens!). Ich habe meine Berufung gefunden und lebe sie (und bin so stolz auf mich!). Mein Leben ist wunderbar und ich will mit niemandem tauschen! Und so „ganz nebenbei“ hat sich mein inneres Gefühl auch auf mein Umfeld übertragen – nahezu alles ist müheloser, entspannter und freudvoller geworden. Ich lache wieder – echt und gerne und aus vollem Herzen. Meine Beziehungen sind intensiver, tiefer und freier geworden. Ich habe meinen beruflichen Weg mit meinem HerzensThema verknüpft und den Mut gefunden, mich damit neu aufzustellen und auszurichten. Das Leben ist so ein großes Geschenk! Und ja, manchmal habe ich auch noch graue und schwere Tage. Aber das ist okay, das darf auch sein. Und ja, immer wieder mal schreie ich noch und bin ungerecht. Aber ich verzeihe mir heute mein MenschSein. Niemand ist perfekt. Ich glaube mittlerweile auch, dass es reicht, wenn wir als Mamas (bzw. Eltern) „ausreichend gut“ sind. Wir können unsere Kinder nicht vor allem bewahren – und es wäre auch nicht gut, wenn wir das könnten. Denn nicht nur wir selbst profitieren davon, wenn wir durch eine Krise hindurch gegangen sind, auch unsere Kinder lernen von uns: wie wir für uns Selbst Verantwortung übernehmen und uns um uns kümmern.

 

Vielleicht erkennst du dich an der ein oder anderen Stelle wieder?

Mein großer HerzensWunsch ist es, dass indem ich mich hier öffentlich „oute“, ich dir und anderen Mamas Mut machen kann, für dich auch den Schritt da heraus zu wagen. Niemand sollte das "aushalten". Niemand muss das „aushalten“. Denn auch du hast ein schönes und glückliches Leben verdient! Mit Unterstützung wird vieles leichter und wenn die ersten Schritte gegangen sind, nimmt das zunehmend die Angst vor den nächsten.

Und ich möchte dir auch sagen: du bist nicht allein. Ich kenne das auch. Und glaube mir, es gibt viele von uns da draußen. (Einige davon findest du auch in meiner Facebook-Gruppe: MamaMorphose – werde die Mama & Frau, die du sein willst! Komm gerne dazu!)

 

Trau dich, dich für dich und dein Leben auf den Weg zu machen – ich reiche dir gerne meine Hand. Erzähle mir auch gerne per Mail oder in der Gruppe von deinen Erfahrungen oder berichte mir von deinem Leben. Ich höre dir gerne zu. Zusammen sind wir einfach viel weniger allein.