· 

Die Sache mit dem MutterIdeal...

Es hatte mich über eine sehr lange Zeit fest im Griff: mein Bild der idealen Mutter. Ich hatte (überwiegend unbewusst) den Anspruch an mich selbst, dass ich für meine Kinder eine immerzu geduldige, nie wütend werdende, immer verständnisvolle, immer liebevolle Mutter sein muss. Eine Mutter, die emotionale Ausbrüche stets optimal begleitet, zuverlässig Nähe und Geborgenheit bietet und die persönliche Entwicklung mit schönen gemeinsamen Aktivitäten fördert. Eine Mutter, die ihre eigenen Bedürfnisse stets hinter die ihrer Kinder stellt. Das Streben nach diesem Ideal hat mich regelrecht aufgefressen. Ich habe unterbewusst gespürt, dass ich selbst eine für mich alles andere als ideale Kindheit erlebt habe und wollte so für meine Kinder nun alles richtig machen. Und je mehr (und verbissener!) ich das wollte, desto mehr bin ich verzweifelt und gescheitert. Ich habe mich nur auf meine beiden Kinder konzentriert und dabei mein eigenes inneres Kind übersehen.

 

Wieviel die gesellschaftliche Indoktrinierung und das weithin verbreitete Rollenverständnis mein Denken mitbeeinflusst haben, kann ich nicht genau sagen. Aber sehr vieles geschah aus einer irrationalen Angst heraus, dass ich sonst - sollte ich scheitern - meine Kinder „kaputt mache“. Das hatte u.a. auch viel mit einer unbewussten, riesigen Sehnsucht meines eigenen inneren Kindes zu tun: genau so eine ideale Mama hätte ich mir selbst als kleines Mädchen damals gewünscht. Damit möchte ich jetzt absolut kein Mutter-Bashing meiner Vorgängergeneration(en) lostreten. Ich gehe grundsätzlich davon aus, dass jede*r zu jeder Zeit sein ihm*ihr in dem Moment bestmögliches tut. Aber es ist für das Gegenüber deswegen noch lange nicht immer ideal, sondern eben manchmal genau das Gegenteil davon. Und sehr verständlich wird dann eine große Sehnsucht danach, als Mama das, was einem selbst als Kind am meisten weh getan hat, für die eigenen Kinder ins Gegenteil zu kehren – und nur natürlich ist, dass wir an einem solchen Ideal nur scheitern können.

 

Ich hatte oft das Gefühl, wie in einer Art Alptraum festzustecken. Ich habe viel mit meiner Rolle als Mutter gehadert, habe meinen Lebenssinn nicht darin gefunden und auch keinen anderen für mich gesehen. Die Fremdbestimmtheit in der Mutterrolle nahm mich vollständig gefangen. Ich konnte mich nicht abgrenzen und war permanent überfordert. Alles war einfach nur anstrengend. Und dann immer wieder diese unbändige Wut, die sich nicht nur bei meinem Mann, sondern sogar bei meinen kleinen Kindern entladen hat. Ich habe Dinge getan, die ich zutiefst ablehne und die mich vor mir selbst haben erschrecken lassen. Das schlechte Gewissen wog unglaublich schwer und ich habe mich für meine eigene Unzulänglichkeit regelrecht verachtet. Ich habe lange überhaupt keinen Ausweg gesehen. Der Gedanke, ob Mama werden wirklich die richtige Entscheidung für mich war – oder ob es für meine Kinder nicht viel besser gewesen wäre, sie hätten eine andere und vor allem perfektere Mutter bekommen, hat sich mir immer wieder in den Kopf geschlichen… Das war unwahrscheinlich quälend und schmerzhaft. Aber trotz dieser schweren Jahre bereue ich es keine Millisekunde lang, meine 2 wundervollen Kinder bekommen zu haben und möchte sie in meinem Leben nie mehr missen – es wäre um so vieles ärmer. Und vor allem wäre ich nicht da, wo ich heute bin.

 

Sehr häufig werden die (gefühlt auch immer noch steigenden) gesellschaftlichen Ansprüche an die unzähligen Rollen der Frau, ganz besonders in der Mama-Rolle, als Hauptgründe für die Überforderung damit herangezogen. Auch ich habe mir das lange Zeit selbst so erklärt. Aber mittlerweile bin ich überzeugt, dass das nur ein Teil der Wahrheit in dieser Misere ist. Denn es bedient eine sehr einfache, fast reflexhaft ausgespielte Argumentation: wir suchen die Schuld für unangenehme Situationen lieber im Außen (bei anderen) und nicht bei uns selbst, in unserem Inneren. Eigentlich war für mich die übermächtige Wucht der Gefühle, besonders die übergroße Liebe zu meinen Kindern, das viel größere Problem. Eine solche Dimension der Liebe kannte ich gar nicht, es machte mir regelrecht Angst. Und wie kann ich etwas gut weitergeben, was ich selbst nie erfahren habe und was in mir eher Panik auslöste als positive Gefühle? Für mich steckt darin sehr viel von meinen alten Bindungs- und Beziehungsmustern meiner Kindheit. Und sehr oft wird dieses verschwunden geglaubte Sediment an unserem Grund durch die Geburt wieder aufgewühlt und nach oben gewirbelt. Darauf bereitet einen niemand vor und oft erkennt man es lange Zeit nicht. Oder will es lieber nicht wahrhaben.

 

Im Rückblick bin ich mir heute sicher, dass ich bereits nach der Geburt meines 1. Kindes auf der Spirale nach unten stetig weiter abgerutscht bin – ohne es selbst zunächst wirklich zu bemerken. Mein Mann war bei der Arbeit extrem eingebunden und hatte nur sehr wenig Zeit für mich und meine neue Situation. Meine (engeren) Freundinnen hatten alle noch keine Kinder oder waren weit weg. Mit meinen Schwieger-/Eltern war es für mich auch irgendwie schwierig. Wenn ich den Versuch startete, von meinem Erleben zu berichten, fühlte ich mich eigentlich immerzu missverstanden. Sehr einprägsam in Erinnerung dieser ersten Jahre ist mir auch noch, wie unglaublich einsam ich mich als noch frische Mutter gefühlt habe. Wir machen für alles einen Schein, eine Prüfung, einen Abschluss, ein Zertifikat. Nur für das Muttersein bzw. Elternsein bedarf es nichts weiter als minimalste Grundkenntnisse in Sexualkunde. Maximal wird im wortwörtlichen Sinn einmal durchgehechelt, wie das mit der Geburt so funktioniert. Danach: ja dafür ist dann das natürliche, dauerselig machende Mama-Gen zuständig („das machst du schon, das hat ja bisher noch jede geschafft“ – echt jetzt?!?!). Ich überspitze die Sache hier – es gibt natürlich auch leuchtende Gegenbeispiele, gesunde eigene Kindheiten, tolle Hebammen uvm. Aber meine Realität sah so aus.

 

Aus heutiger Sicht und Erfahrung heraus weiß ich, da hilft nur eines: sich in erster Linie um sich selbst kümmern. Es hat seeehr lange gedauert, bis ich das wirklich verstanden habe! Anfangs kam es mir fast egozentrisch vor, ich konnte mir das irgendwie selbst nicht erlauben, das gehört sich doch nicht, wenn man "eine richtige Mutter" ist... Inzwischen habe ich knapp 3 Jahre tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie aufgrund einer „mittelgradig depressiven Episode“ hinter mir. Dazu unzählige selbstbezahlte Therapie- und Coachingstunden (Einzel und Gruppe) mit verschiedensten Methoden sowie 5 Wochen Aufenthalt in einer psychosomatischen Reha-Klinik. Nach wie vor investiere ich sehr viel Arbeit und sehr viel Zeit in mich selbst, oft kostet es mich sehr viel Tränen und ja, auch eine Menge Geld. Und ich bin noch nicht am Ende angekommen – aber ich weiß ganz genau: ich bin auf dem richtigen Weg. Ich habe mich ausgiebig mit meinen alten Wunden beschäftigt. Sie vernarben nach und nach und ich trage diese Narben heute mit Stolz: Sie haben mich zu dem Menschen werden lassen, der ich heute bin. Mein Leben empfinde ich nicht mehr nur anstrengend, sondern wunderbar und ich möchte mit niemandem tauschen. Zeit mit meinen Kindern kann ich heute genießen. Und ich habe meinen Lebenssinn gefunden! Ich bin Coachin für Persönlichkeitsentwicklung geworden und arbeite mit der Methode, die mir selbst am meisten geholfen hat: IFS - Inner Family Sytems nach Richard C. Schwartz. Zudem schlägt mein Herz ganz doll für diese teils verzweifelten, oft traurigen, meist überforderten Mamas am Limit - so wie auch ich eine war. Inzwischen gehört das MamaSein zu meinem Lebenssinn auch dazu. ;-)

 

Mein persönliches Erleben der ersten Jahre als Mama hat bei mir den übergroßen Wunsch erzeugt, das Tabu der "psychischen Gesundheit bei Müttern" brechen zu wollen und ein Forum zu schaffen, in dem ich offen von mir erzähle. Denn Mutterschaft ist ein Gesundheitsrisiko. WTF?! Ja, richtig gelesen! Mama zu sein ist ein unglaublich harter und nur selten adäquat honorierter, geschweige denn wirklich anerkannter Job. Häufig wird mehr kritisiert als gelobt, das Pensum an Aufgaben und Ansprüchen ist riesig und oft kaum befriedigend zu bewältigen. Und wer sich darüber ernsthaft wundert, hat meiner Meinung nach nicht richtig hingeschaut. Dadurch, dass viele Mamas an die Grenzen ihrer Belastbarkeit stoßen bzw. permanent darüber hinweggehen, ist die Gefahr ohnehin groß, das eigene psychische Wohlbefinden zu gefährden - sowie das der Kinder, der Familie und letztlich sogar der Gesellschaft. Geschweige denn die eigenen "Altlasten", die viele von uns mit sich herum schleppen. Schlafstörungen und Niedergeschlagenheit sind oft nur der Anfang. Weiter geht es dann mit teils chronischen Erschöpfungszuständen, Burn-out, Depressionen. (Wen es hier genauer interessiert: die Jahresberichte des Müttergenesungswerkes sind dazu sehr aufschlussreich.)

 

Ich habe über eine sehr lange Zeit hinweg einfach nur noch funktioniert. Habe viel zu selten mal für mich NEIN gesagt, fühlte mich in der Opferrolle festgezurrt, dachte, ich muss das aushalten (anscheinend ist ja auch nahezu alles "nur eine Phase" in dieser Zeit). Ich wollte es perfekt machen, wollte es allen recht machen und machte mich dabei selber kaputt. Irgendwann war ich nur noch frustriert und erschöpft, konnte nicht mehr schlafen. Schlechtes Gewissen, Selbstzerfleischung, Gedankenkarussell oder eben wieder die Kinder, die auch nachts nicht einfach selig durchschlummern: ich war eine Mama am Limit. Ich hatte nicht nur einmal das Gefühl, dass mir die Sicherung durchknallt und ich verrückt werde. Was mir damals schon sehr geholfen hätte und (wie ich glaube) mich möglicherweise gar nicht erst so tief hätte abrutschen lassen, das wäre eine gute Community mit anderen Mamas gewesen: ehrlicher Austausch und starke Verbundenheit, Mitgefühl statt Ratschläge und Besserwisserei. Und die Gewissheit, dass es nicht nur mir so ergeht, sondern dass es unter uns sehr viele gibt, die tief in sich drin alte Wunden spüren, die noch nicht verheilt sind. Die es uns aber schwer machen, die Mutter & Frau zu sein, die wir gerne wären.

 

Für diese Mamas habe ich diesen Blog und auf Facebook auch eine Gruppe gegründet: MamaMorphose – werde die Frau & Mama, die du sein willst. Ja, ich weiß, die drölfzillardste Mama-Community. *Augen roll*

Aber vielleicht verstehst du aus meiner Geschichte, was mein Antrieb dahinter ist?

Ich habe eine Vision, einen Traum: Ich möchte diese Mama-Community aufbauen, die mir damals so sehr gefehlt hat. Wo wir uns gegenseitig in einem geschützten Rahmen offen von uns erzählen können. Was für Themen und Probleme uns umtreiben. Was uns überfordert. Was uns zum Weinen bringt. Was uns die Nerven verlieren lässt. Was uns Angst macht. Was uns bisweilen den Verstand raubt. Hier geht es nicht um die Sonnenseiten, sondern ganz besonders um die Schattenseiten.

UND DORT DARF ALLES SEIN.

Jede von uns – so wie sie ist, ohne Bewertung, ohne Verurteilung. Wir werden uns gegenseitig unter-/stützen, uns Zuhören, Mitgefühl und Verständnis schenken, Erkenntnisse teilen, Fragen stellen. Wir werden uns offen und ehrlich miteinander austauschen, auf Herzebene und Augenhöhe. Wir lernen Grenzen für uns zu ziehen, üben Pause machen. Dürfen einfach mal ICH SELBST sein. Und lernen NEIN zu sagen zu überhöhten Idealen und Perfektionswahn - und nicht zu unseren Kindern. Denn: es kann so schön sein!

 

Von Herzen gerne möchte ich dir meine Hand reichen, dich auf dem Weg zu dir selbst unterstützen und dich ein Stück auf deiner Reise zu der Mama & Frau begleiten, die du tief in deinem Herzen so gerne wärst. Auch du hast es verdient, dir nicht länger selbst im Weg zu stehen, ein glückliches und freies Leben zu leben - frei von Fremdbestimmung und der Erwartungshaltung anderer wie auch dir selbst. Einfach und doch so schön: dein Leben eben. ❤️

 

Neugierig? Dann schau dich doch einfach mal um, was dich hier auf dem Blog sowie in der FB-Gruppe Schönes erwartet.

Ich freue mich auf dich!

 

Deine Kathrin

verheiratet, Mama² & selbständige Coachin für Persönlichkeitsentwicklung

Persönlichkeitscoaching Stuttgart

Kommentar schreiben

Kommentare: 0